Die Entwicklung der Mikrowelle im Amateurfunk

• „ Die USA “


Die ersten bekannt gewordenen Mikrowellen Anwendungen im Amateurfunk stammen aus dem Jahr 1946 und kommen aus den USA. Zu dieser Zeit war in Europa und in anderen Teilen der Welt die Ausübung des Amateurfunks noch stark eingeschränkt wenn nicht komplett untersagt. Erst ab Beginn der 50er Jahre wurden diese Restriktionen aufgehoben und die Funkamateure in Europa konnten wieder offiziell ihr Hobby ausüben.


Im Jahre 1927 wurden die ersten Richtlinien durch die im Jahr 1865 gegründete International Telegraph Union (I.T.U) zur Vergabe und Zuteilung von Radiofrequenzen, für die im raschen Wachstum begriffene drahtlose Kommunikationstechnik, erstellt. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist es Aufgabe der I.T.U, technische Standards zu definieren und die Radiofrequenzen für die Dienste wie: Land/Mobil, Schifffahrt, Flugfunk, Rundfunk und Amateurfunk, etc., international zu koordinieren. In der 1947 abgehaltenen I.T.U Konferenz in Atlantic City wurde der Grundstein für die zum Teil noch heute gültigen Bandpläne (u.a. auch für den Amateurfunk) gelegt. In der I.T.U werden die Belange der Funkamateure durch die IARU (International Amateur Radio Union) vertreten. Durch das Bemühen der IARU konnten auch Frequenzbänder oberhalb von 1.000MHz für den Amateurfunk „erworben“ werden. Seit 1948 ist der Sitz der I.T.U. in Genf (Schweiz).


Bedingt durch den zeitlichen Vorsprung war es daher nicht verwunderlich dass die ersten Veröffentlichungen, Gerätebeschreibungen und Berichte über Amateurfunkaktivität im Mikrowellenfrequenzbereich, hauptsächlich aus den USA kamen. Die für die Übertragung der Mikrowellensignale verwendeten Geräte wurden vollständig im Eigenbau („home made“) hergestellt, wobei die HF bestimmenden Bauteile großteils aus den „Surplus“ Beständen der Industrie und des Militärs kam. Als Modulation wurde Breitband Frequenzmodulation (WBFM) eingesetzt.


Das erste bekannt gewordene QSO auf dem 3cm Band (10GHz) wurde zwischen W2RJM und W2JN im Jahr 1946 über eine Entfernung von 3,22Km durchgeführt. Im Jahr 1947 stand der „Weltrekord“ im 3cm Band, gehalten von W6IFE/3 und W4HPJ/3, immerhin schon bei 12,31km. Das Callsign von W6IFE, Donovan Thompson, ein Mikrowellen Pionier der ersten Stunde, wurde später das Klubrufzeichen der „San Bernhardino Microwave Society“ (SBMS). Die SBMS ist die weltweit älteste Amateurfunk Mikrowellen Interessensgruppe und wird bis heute als eigenständiger Verein geführt. 1960 wurde der Weltrekord im 3cm Band von W7JIP/7 und W7LHL/7 auf (für diese Zeit sensationelle) 427km erweitert.


das Bild links zeigt die Kopie des in der QST veröffentlichten Photos aus dem Jahr 1960







• „ in Europa “


In Europa waren es die Funkamateure aus den UK die sich schon früh der Verwendung und dem Einsatz von Mikrowellen zuwandten. Bereits 1943 wurde eine Reihe technischer Artikel über „Communication on centimetre waves“ im „RSGB Bulletin“ veröffentlicht. 1947 erschien ein aus 54 Seiten bestehendes Buch mit dem Titel „ Microwave Technique“. Zu dieser Zeit beschäftigten sich in den UK nur wenige Funkamateure mit Frequenzen oberhalb des 70cm Bandes. 1950 gelang es G3APY und G8UZ, den Weltrekord im 3cm Band auf eine Entfernung von 12 Meilen (ca. 20Km) anzuheben. Nur einen Monat später wurde dieser Rekord durch G3APY und G3ENS/p auf eine Streckendistanz von 27 Meilen (ca. 43Km) verbessert. In Folge wechselten die 3cm Weltrekorde einige Male zwischen USA und UK.


Ein wesentlicher Beitrag am Erfolg der Mikrowellenaktivität in Europa erfolgte durch die Veröffentlichungen der Artikel und Beiträge von D.S. Evans (G3RPE) und G.R. Jessop (G6JP) im VHF-UHF Manual, das von der RSGB publiziert wurde. In diesem Handbuch wurden die Grundlagen der Mikrowellentechnik als auch die klassischen Mikrowellen Bauteile wie Hohlleiter, Antennen, Messmittel, Klystrons und Gunn Oszillatoren erstmals und detailliert beschrieben. Das VHF-UHF Manual war in den 60er und 70er Jahren die Grundlage für den Eigenbau von Mikrowellen Geräten und ermöglichte vielen Funkamateuren den Einstieg in die Thematik der Mikrowellen.


Zu Beginn der 70er Jahre wurden in Österreich die ersten Experimente im 3cm Band durch OM Richard Vondra, OE1RVW durchgeführt. OE1RVW baute verschiedene 3cm GUNN-WBFM Transceiver und mechanische Absorptions-Frequenzmesser. Seine Selbstbauprojekte und Berichte über die ersten 3cm Funkverbindungen (QSO`s) zwischen OE1RVW und OE1ABW wurden in der DUBUS und erstmals 1975 in der August Ausgabe der QSP veröffentlicht.



„ Die System Generationen „


Die Geschichte der Mikrowellenaktivität im Amateurfunk lässt sich am besten in zeitliche Abschnitte einteilen und entspricht der in jener Zeit machbaren und finanziell tragbaren Technologie.


 1946 bis 1972: Breitband FM modulierte Systeme mit Klystrons
 1972 bis 1982: Breitband FM modulierte Systeme mit Gunn Elemente und passiven Halbleitern
 ab 1980: Schmalband (SSB/CW/FM modulierbare) Transverter Systeme unter Verwendung aktiver Halbleiterschaltungen (GaAs-Halbleiter, MMIC`s, etc.)


Bei den Geräten der ersten beiden Generationen wurde die Endfrequenz direkt und freischwingend erzeugt. Als Modulation wurde „Wide Band“ FM Modulation (WBFM) mit sehr großen Frequenzhüben verwendet. Die Empfänger Eingangsstufe (front end) bestand üblicherweise aus einer Mikrowellen Germaniumdiode vom Typ 1N23(x). Die ZF Bandbreite des Empfangsteils war breitbandig um einerseits die großen Hübe zu verarbeiten und um andererseits den Problemen der Systembedingten Frequenzunstabilität einigermaßen entgegenzuwirken.


Kennzeichnend für die beiden ersten Generationen waren folgende Leistungsmerkmale:


• Geringe Ausgangsleistung
• Geringe Empfängerempfindlichkeit
• Geringe Frequenzstabilität
• Hoher mechanischer und elektrischer Aufwand (Klystron)
• Komplizierte Handhabung im portablen Betrieb (Klystron)


Anfang der 70er Jahre begann man weltweit auf dem 3cm Band mit GUNN Elemente zu experimentieren. Diese ersetzten sehr rasch das sperrige Klystron als HF Generator. Die Modulationsart WBFM und der um die ZF Frequenz versetzte Duplex Betrieb wurde weiterhin beibehalten. Diese Betriebsart wurde auch als „Durchblasemischer“ Verfahren bekannt. Zur Besonderheit dieser Betriebsart gehörte, dass ein Funkverkehr nur dann durchgeführt werden konnte wenn beide Stationen die gleiche Zwischenfrequenz (ZF) verwendeten, was nach anfänglichen Variationen (man verwendete auch UKW-FM Autoradios als ZF Module) letztendlich zur Normung der ZF-Frequenz von 30MHz führte.


Etwa 1975 kamen X-Band Radar Module (ursprünglich als Bewegungsmelder konzipiert) unter der Bezeichnung GUNNPLEXER, zu finanziell erschwinglichen Bedingungen auf den Markt. Die Hersteller waren: Microwave Associates mit dem Typ MA 87127 und AEI Semiconductors mit dem Typ DA-8525/DA-8001 (unter den Entwicklern waren sicher einige Amateure). Diese GUNNPLEXER wurden damals als Set, zusammen mit einer rechteckigen 17db Hornantenne, zum Stückpreis von ca. 50 Euro angeboten. Der Einsatz solcher GUNNPLEXER für den Bau von 3cm WBFM Amateurfunk Transceivern wurde in vielen Fachzeitschriften beschrieben und war für lange Zeit Stand der Amateurfunktechnik im 3cm Band. Geräte die GUNN Elemente verwendeten waren nachbausicher, handlich und zu wesentlich günstigeren Bedingungen herstellbar.


Die Geräte der dritten Generation bestehen aus Transverter Systeme und sind damit für Schmalbandbetrieb (CW/SSB/NBFM) wie auch für den Breitbandbetrieb (TV, Daten, etc.) gleichermaßen geeignet. Für den Schmalbandbetrieb wird üblicherweise ein 2m oder 70cm Allmode Portable Transceiver zur Aufbereitung der Modulationssignale bzw. als Empfänger-Nachsetzer verwendet. Der Sende/Empfangs Nachsetzer dient somit nur als ZF Stufe (Basisband) für den eigentlichen Mikrowellen Sende-Empfangsmischer (Transverter) der auf der endgültigen Endfrequenz arbeitet. Die Modulation/Demodulationseigenschaften und die Selektivität werden durch den Nachsetzer bestimmt. Die Aufgabe des Mikrowellen Transverter ist die lineare Umsetzung der ZF Signale auf die Endfrequenz (TX Pfad) und umgekehrt (RX Pfad) wobei die Ausgangsleistung und die Empfangsempfindlichkeit der gesamten Anlage nur von den HF Eigenschaften des Transverters selbst abhängig sind.


Die Transvertertechnik ist nicht neu und wird auch oft zur Erzeugung von VHF und UHF Frequenzen eingesetzt, als Nachsetzer dienen dabei Kurzwellen Sende-Empfangsgeräte (KW Transceivern). Grund dafür ist, dass einige KW Geräte mehr Features und bessere HF- Eigenschaften (z.B. bei ZF-Bandbreite/Selektivität/Oszillatorrauschen) aufweisen als so manches VHF/UHF Allmode Funkgerät. Diese (Transverter) Konfiguration ist bei Kontest-Stationen und auch bei EME Operatoren sehr beliebt. Während Transverter schon früher für den Betrieb auf 70cm, 23cm oder 13cm eingesetzt wurden, musste man im Mikrowellenbereich auf die Entwicklung und die Verfügbarkeit von geeigneten und kostengünstigen Bauteilen warten. Transverter für Frequenzen von VHF bis zu 47/76GHz, werden heute in Halbleitertechnik realisiert und üblicherweise mit 12VDC betrieben, was den Einsatz für den „portablen“ Betrieb wesentlich erleichtert.


Transvertersysteme haben folgende Eigenschaften:


• Hohe Ausgangsleistung durch aktive Endstufen (Ausgangsleistung frequenzabhängig)
• Geringe Empfangs-System Rauschzahl durch aktive rauscharme LNA`s
• Hohe Frequenzstabilität durch Quarzsteuerung bzw. Einsatz von OCXO´s
• Geringer mechanischer Aufwand
• Hervorragende Eignung für den portablen Betrieb


Mit dem heutigen Stand der Transverter Technik ist es dem Funkamateur möglich, z.B. auf 3cm die gleichen Performance wie die eines üblichen KW/VHF/UHF Amateurfunkgerätes zu erreichen, bzw. dieses in einigen Parameter sogar zu übertreffen.


Günstig für die Entwicklung der Mikrowellen Amateurfunk Aktivität, erwies sich die (fast) weltweite Zuteilung des 3cm Frequenzbandes (X-Band) von 10,0 bis 10,5GHz. Damit wurde der Grundstock für eine genügend große kritische Masse an potentiellen Teilnehmern gelegt. (die für OE gültigen Frequenz Bandpläne findet man auf der Wiki Seite: Was sind Mikrowellen?) bzw. die regional gültigen Bandpläne, im „VHF Managers Handbook“ der IARU Region 1.


Glücklicherweise besitzt das 3cm Band eine relativ günstige Ausbreitungscharakteristik, da die Frequenzen im Bereich um die 10GHz durch Atmosphärische Dämpfungen weniger betroffen sind. Das X Band wird auch das Weltraumband genannt, die Funkfrequenzen die für die Radiokommunikation in den Weltraum zugeteilt sind, liegen bei 8GHz. Ein weiterer Treiber fand sich in der Verfügbarkeit von „Surplus“ Material, wie z.B. Hohlleiter, Klystrons, GUNN Module, Parabolantennen, etc., die aus Restbeständen der zivilen und militärischen Radaranwendungen im 9GHz Bereich gewonnen werden konnten und von den Funkamateuren für den Einsatz auf 10GHz „reanimiert“ wurden.


Halbleiter und Bauteile für den SHF Bereich sind in der Zwischenzeit für Amateure verfügbar und erschwinglich geworden. Grund dafür ist, der in den letzten 30 Jahren stark gewachsene Einsatz diverser Technologien für die drahtlose Kommunikation und dem daraus entstandenen „second hand“ Angebot an Industriellen Mikrowellen Komponenten (ebay, Flohmärkte, etc.) Mikrowellen Transverter werden heute auch bereits als Bausätze bzw. als fertige Module/Geräte angeboten. Darüber hinaus gibt es auf Flohmärkten immer wieder die Gelegenheit, günstige Komplettgeräte, Bausätze, Antennen oder auch nur geeignete Bauteile zu erwerben.


Ab etwa 1990 sind wir in der Lage Transverter Systeme für den oberen SHF bzw. den mm-Bereich (75 bis 250GHz) herzustellen. Dabei wird die Umsetzung des Sende bzw. Empfangssignals durch so genannte „Subharmonic Mischer“ bewerkstelligt, die nur aus einer passiven Mikrowellendiode bzw. einem Diodenpaar bestehen. Die mit solcher Anordnung erzielbare HF Ausgangsleistung beträgt allerdings nur einige hundert MicroWatt, die mit solcher Anordnung erzielbare Empfänger System Rauschzahl liegt bei 15 bis 20db. Diese vergleichsweise bescheidenen Leistungsmerkmale werden jedoch durch den auf diesen Frequenzen erzielbaren Antennengewinn teilweise wieder kompensiert. Um Leistungen im mW Bereich zu erzeugen werden auf diesen Frequenzen Varactor Dioden eingesetzt, was die Anwendung auf die Modulationsart CW (Morsecode) beschränkt, oder anders ausgedrückt, diese Betriebsart wieder zu neuem Leben erweckt. Alternativ ist bei Verwendung eines Varactor Vervielfachers auch NBFM (Narrow Band Frequency Modulation) möglich.


Mikrowellen haben den Vorteil dass der Empfang durch so gut wie keinen Störpegel (man made noise) beeinträchtigt wird und auf Grund der geringen räumlichen Abmessungen der Antennen die Aufstellung und der Betrieb, egal ob für portabel oder Feststationen, viel leichter zu bewerkstelligen ist, als auf KW oder UKW. Mikrowellenantennen weisen Antennengewinne auf, von denen man auf der (langen) Kurzwelle nur träumen kann. PLC (power line communications) und Sonnenflecken Abhängigkeit sind hier kein Thema.


Während das 3cm Band bei den Funkamateuren einen nachhaltigen und durchschlagenden Erfolg erreicht hat, hinkt die Anzahl der auf den mm Wellen experimentierenden Funkamateure etwas hinterher. Ein Grund mag sein, dass der Aufwand zur Herstellung und Betrieb von Transverter und Antennensysteme im oberen Mikrowellen (mm) Frequenzbereich noch immer als zu hoch eingeschätzt wird, was wir mit den Artikeln dieser Interessensgruppe entkräften möchten.


Ca. 90% der gesamten, den Funkamateuren überlassenen und zugewiesenen Frequenzbändern liegen im Mikrowellenfrequenzbereich. Dieses Potential sollte genutzt werden, ein Frequenzengpass wie auf den langwelligen Bändern ist hier vorerst nicht zu befürchten. Egal welche frequenzmäßige Beschränkung man sich auferlegt, für den experimentierfreudigen und technisch ambitionierten Funkamateur sind Mikrowellen das ideale Betätigungsfeld um Geräte und Einrichtungen noch selbst herzustellen und auszuprobieren.


Und, „last, but not least“ man braucht keinen PC. Zum Einstieg in die Mikrowelle empfiehlt sich das 3cm Band, hier findet man die größte Beteiligung und viel versprechende Ausbreitungsbedingungen, was absoluten Spaß und Erfolg garantiert.



• „The early Days...“


Die Industrie hatte es schon lange mit den Mikrowellen. Radaranwendungen, Militärische Anwendungen, Richtfunkverbindungen und Raumfahrt waren die klassischen Treiber dieser Technologie. Bereits in den 30er Jahren war die SHF Technik industriell beherrschbar wenn auch die Auswahl an Bauteilen damals eine andere war. Die in den militärischen Anwendungen gewonnenen Erkenntnisse kamen den neuen zivilen Anwendungen zu gute und führten zur Entwicklung und Einsatz von modernen Bauteilen, Produkte, Anlagen und Anwendungen.


Im Gegensatz zur Industrie haben sich die Funkamateure im deutschsprachigen Raum nur sehr zögerlich der Mikrowellentechnik zugewandt. Grund war die damals (nicht ganz unberechtigte) Meinung dass die Herstellung von Anlagen und Geräte für den SHF Bereich, äußerst kompliziert und kostenintensiv sei. Eine weitere Begründung findet sich in der Annahme, dass die Reichweite von Funkverbindungen bei steigenden Frequenzen immer geringer werden würde (man verglich dabei die Kurzwelle mit dem 2m Band) und der Funkbetrieb auf Frequenzen oberhalb von 500MHz, keine nennenswerten Distanzen (DX) erlaubt.


Bei näherer mathematischer Betrachtung zeigte es sich allerdings, dass Funkverbindungen auch über größere Entfernungen unter „Line of Sight“ (LOS / optischer Sicht) Bedingungen selbst mit extrem kleiner HF Ausgangsleitungen und moderatem Antennengewinn möglich sind. In Folge wurde festgestellt dass, unter Tropo und Scatter Bedingungen Reichweiten, weit über den Optischen Horizont hinaus, erzielt werden können.


Die in der POLA-PLEXER bzw. in der GUNNPLEXER Zeit erzielten Weitenrekorde waren daher in erster Linie von den geographischen Gegebenheiten (Standorte) abhängig und da hatten in Europa die Alpenländer den Vorteil, über einige mehr als hundert(e) Kilometer lange hindernisfreie Funkfelder zu verfügen. Diese Umstände trieben die Mikrowellenfunkamateure in die Berge, zur Planung der Funkverbindungen wurden wie auch in der kommerziellen Richtfunktechnik üblich, Geländeschnitte zwischen den gewählten Standorten angefertigt. Diese Methode wird auch weiterhin zur Erzielung von Weitenrekorde im mm Bereich (ab 47GHz aufwärts) eingesetzt.



• „ Das Reflexklystron “, die erste Gerätegeneration für 10GHz (3cm Band)


Reflexklystron 1.jpg

Aus diesen Anfängen und Frühzeit der Amateur Mikrowellentechnik finden wir heute nur mehr wenige Applikationen und Berichte aus dem Angloamerikanischen Raum. Als Frequenzbestimmendes Element diente ein auf der passenden Frequenz abgestimmter Hohlraumresonator. Bevorzugt verwendet wurde das Reflexklystron vom Typ 723A/B, dass ursprünglich für den Frequenzbereich von 9,5GHz entwickelt und von den Funkamateuren für den Betrieb im 3cm Amateurfunkband für einen Frequenzbereich von 10,0 bis 10,5GHz modifiziert wurde. Die erzielbare HF Ausgangsleistung lag im Bereich von einigen mW.


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Das Klystron wurde 1937 an der Stanford University in Kalifornien von den Brüdern Varian und W. Webster entwickelt. Das Reflexklystron ist eine Laufzeitröhre, Elektronen die von einer Glühkathode ausgesendet und von der Anode beschleunigt werden, durchlaufen die Resonatorkammer und erzeugen ein elektro-magnetisches Feld. Nach einer gewissen Laufzeit werden sie vom negativen elektrischen Potential des Reflektors zur Umkehr gezwungen und durchlaufen den Hohlraumresonator in umgekehrter Richtung. Es entsteht eine Oszillatorschwingung und ein Teil der so gewonnenen Energie wird ausgekoppelt. Der Wirkungsgrad eines Reflexklystrons ist gering.


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Ein Reflexklystron benötigt verschiedene Betriebsspannungen, z.B. eine Anodenspannung von +300VDC, eine Reflektorspannung von -200VDC und eine Gleichspannung für die direkte Heizung der Kathode. Um diese Spannungen für den portablen Betrieb aus einem 12V Akkumulator zu erzeugen mussten entweder mechanische DC/DC Wandler oder rotierende Maschinenumformer eingesetzt werden, was einen einfachen portablen Funkbetrieb auf einem Auswärtsstandort (z.B. Berggipfel) nicht unbedingt förderlich war. Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen war dieses Gerätekonzept bis zum Anfang der 70er Jahre die für Funkamateure einzige Möglichkeit um auf 3cm QRV zu sein.



Das Herzstück dieser frühen 10GHz Anlagen war wie schon erwähnt das Reflexklystron das mechanisch/elektrisch auf eine Frequenz innerhalb des 3cm Bandes abgestimmt wurde. Das linke Bild zeigt ein Klystron, mit WR90 Hohlleiter Anschluß und einem im Hohlleiter eingebauten Dämpfungsglied, das ursprünglich möglicherweise als Mikrowellen Signalquelle für das X-Band konzipiert wurde. Mit der horizontal angeordneten Abstimmschraube konnte die Frequenz dieses freischwingenden Oszillators mechanisch beinflußt werden. In den 3cm Amateurfunkanlagen wurde Frequenzmodulation durch Änderung der Repeller Spannung erzeugt in dem über einen Trafo das Audio Signal (NF) auf die Gleichspannung aufgedrückt wurde. Der Frequenzhub lag dabei in der Größenordnung von einigen 100KHz. Die HF Energie des Senders wurde in einen Dosenstrahler (beer can) eingekoppelt, der als Erreger im Brennpunkt einer Parabolantenne montiert wurde. Für den Empfangszweig wurde im Dosenstrahler eine Germanium Mikrowellendiode als Mischer um 90° zur Polarisationsrichtung des Senders versetzt, eingebaut.



Durch diesen Polarisationsversatz gelangte nur ein geringer Pegel des Sendesignals an die Mischdiode und diente damit als Oszillatorsignal für den Empfang. Dieser Aufbau wurde als POLA-PLEXER bekannt, die Idee des POLA-PLEXER kam aus der Designer Küche des SBMS. Der mechanische Aufwand war relativ groß, für den Energietransport wurden aus Messing oder Kupfer gefertigte Hohlleiter vom Typ WR90 (Innenmaß 0,9x0,4 inch, bzw. 23x13mm) eingesetzt, was dem 3cm Band in frühen Jahren die Bezeichnung „Installateurband“ (plumbers) einbrachte. Hohlleiter werden mittels Flansche verschraubt die an den Enden aufgelötet werden. Nachdem die (rechteckigen) Hohlleiterrohre starr sind, konnten Richtungsänderungen in H oder E-Ebene nur durch vorgefertigte Bögen vorgenommen werden. Der Vergleich mit der Verlegung von Wasserleitungsrohren ist dabei nicht ganz von der Hand zu weisen. Im Bild, WR90 Hohlleiter Bögen 90°, für H und E-Ebene für den Frequenzbereich von 8 bis 12GHz.


Die Funkverbindungen wurden im Duplex Verfahren abgewickelt. Dabei senden die beiden Stationen auf zwei unterschiedlichen, um die ZF versetzte Frequenz. Station A sendet z.B. auf 10.300MHz, Station B sendet auf 10.400 MHz, beide Stationen verwenden einen Teil des eigenen Sendesignals als Oszillatorsignal für den Empfänger und eine ZF von 100 MHz. Jede Station kann daher Nutzsignale empfangen die im Abstand von +/- 100MHz von der eigenen Sendefrequenz liegen. Bedingung ist, dass beide Stationen die gleiche ZF verwenden.


Station A empfängt B auf dem oberen Seitenband und Station B empfängt A auf dem unteren Seitenband. Das funktioniert deshalb, da die Anlagen ohne Empfänger Eingangsfilter betrieben wurden und daher auch auf der Spiegelfrequenz empfangen konnte. Allerdings verschlechterte sich damit die Empfängerrauschzahl von 15 bis 20db um weitere 3db. Eine zusätzliche Bedingung für das exakte Einstellen der Polarisation. Bedingt durch die 90° Entkopplung zwischen TX und RX im POLA-PLEXER musste zu Beginn des QSO`s festgelegt werden wer von den beiden Stationen horizontal bzw. vertikal polarisiert sendet. Dementsprechend wurde der Dosenstrahler in die richtige Position gebracht. Station A sendet H und Empfängt V, Station B sendet V und empfängt H. (genial einfach)



• „ Das GUNN Element „ die zweite Gerätegeneration für 10GHz (3cm Band)


Das GUNN Element ist ein Halbleiter mit nur zwei Anschlüssen und ähnelt im mechanischen Aufbau einer Diode, da die Anschlüsse des Elements als Anode und Kathode bezeichnet werden spricht man oft fälschlicherweise von einer GUNN Diode. Das GUNN Element trägt den Namen seines Entdeckers, John B. Gunn. (1963)


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Der Aufbau des GUNN Elements besteht aus hintereinander geschalteten unterschiedlich dotierten Materialen, wie Galliumnitrid bzw. Indiumphosphid. Diese Materialien stellen eine Elektronenfalle dar, es entsteht eine Art negativer Widerstand, die Elektronen werden gestaut und wandern in Schüben durch das Element. Mit GUNN Elemente können Frequenzen von 2 bis 150 GHz erzeugt und Ausgangsleistungen bis ca. 200mW erreicht werden. Der Wirkungsgrad (DC Eingangsleistung zu HF Ausgangsleistung) ist dabei durchaus akzeptabel. Wird das Element in einem Resonator betrieben, bestimmt dieser die Arbeitsfrequenz.


Gegenüber dem Klystron hatte das GUNN Element den Vorteil, ein sehr kleines aber doch leistungsfähiges Bauteil zu sein, das mit weit geringerem Stromversorgungs-Aufwand betrieben werden konnte, am Markt verfügbar und erschwinglich war. Mit dem Einsatz von GUNN Elemente begann das „Goldene Zeitalter für das 3cm Band“. Das GUNN Element löste das Klystron als HF Herzstück in 3cm Anlagen ab, das Übertragungsprinzip "Durchblasemischer" und WBFM blieb zwar erhalten, jedoch konnte im Bezug auf Frequenzabstimmung, Automatic Frequency Conrol(AFC) und Modulationseigenschaften ein Quantensprung an Verbesserungen erreicht werden. Weiters war man endlich in der Lage, handliche 3cm Transceiver für den portabel Betrieb herstellen zu können.


3cm, die Anwendungen...


In OE begann der Amateurfunkmäßige Einstieg auf dem 3cm Band mit der Verfügbarkeit der GUNN Elemente. Als Pioneer der ersten Stunde ist OM Richard Vondra, OE1RVW zu nennen. Richard baute in den 70er Jahren des 19ten Jahrhunderts die ersten 3cm GUNN Transceiver, mechanische Absorptionswellenmesser, 30 MHz Testloop Einrichtungen und Eichmarkengeber für die Optimierung Seiner selbstgebauten 3cm Geräte. OE1RVW und OE1ABW führten auf dem 3cm Band das OE-Erst QSO über eine Entfernung von 1,5km durch.

Der TX/RX Teil dieser von OE1RVW gebauten ersten Transverter-Generation aus dem Jahre 1975 bestand aus einem GUNN Element, das gleichzeitig zur Erzeugung der Ausgangsfrequenz, als Sender und als Empfangsmischer diente.

Die Versorgungsspannung des GUNN Elements wurde mit der NF beaufschlagt was in der Praxis eine Mischung von FM und AM Modulation ergab. Gleichzeitig konnte mit der Änderung der GUNN Versorgungsspannung eine gewisse Feinabstimmung der Endfrequenz erreicht werden. Dem GUNN Element nachgeschaltet war ein breitbandiger 27MHz ZF-Verstärker mit einem Diskriminator Höckerabstand von 1,8 MHz. Diese große Bandbreite war notwendig um einerseits die hohen Frequenzhübe von mehr als 500 KHz zu bewältigen und andererseits das unstabile (Freischwingende) Signal der Gegenstation besser einstellen zu können.

Abb. 2: 27MHz ZF Verstärker

Die vom Diskriminator abgegriffene DC Spannung wurde zur Erzeugung einer AFC (Automatic Frequency Control) Spannung verwendet um die Frequenzdrift der eigenen bzw. der Gegenstation ausgleichen zu können. Dabei genügte, dass nur eine Funkstation die AFC eingeschaltet hatte. Das de-modulierte Audiosignal wurde in einer NF Stufe verstärkt, die Wiedergabe erfolgte über Kopfhörer damit keine Audiorückkopplung über das Mikrophon (wegen des Duplexbetriebes war man ja immer auf Sendung) auftreten konnte.

Abb. 3: Modulator & AFC

Als Resonator wurde ein Messing Vierkantrohr mit den Innenmaßen von 23x8mm aus der Möbelfertigung verwendet. Diese Abmessungen kamen dem Industriellen Hohleitertyp WR90 (8 bis 12 GHz) am nächsten.

Abb. 4: GUNN Oszillator für das X-Band

Mit dem GUNN Element als Selbstschwingende Mischstufe war die RX Empfindlichkeit jedoch nicht besonders hoch und die erzielten Reichweiten waren eher bescheiden. Das GUNN Element wurde generell nicht als Empfangsmischer konzipiert und besitzt weder gute Rausch noch Mischereigenschaften. Um die RX Empfangseigenschaften zu verbessern wurde eine separate Mischerdiode (1N23) verwendet. Das GUNN Element wurde nur mehr zum Senden und als LO verwendet. Das brachte eine Verringerung der Rauschzahl von mehr als 6db, was eine Verdoppelung der Reichweite bedeutet. OE1RVW hat den Aufbau dieser zweiten Generation in der QSP beschrieben, das Bild 3 zeigt einen Nachbau von OE3WOG und OE3JS.

Bild: Aufbau 3cm GUNN-Oszillator mit Mischdiode

Bild: Anschaltung des Oszillators

In Folge kamen fertige GUNN Module auf dem Markt. Diese Geräte, grundsätzlich für den Einsatz als Bewegungsmelder konzipiert, wurden von den Mikrowellen Amateuren sofort für deren Zwecke adaptiert und wurden GUNN-Plexer genannt.

Bild: Novatronic Bild: Solfan Dopplermodul Bild: OE3WRA

Nachdem die doch einigermaßen mühevollen mechanischen Anfertigungen eines GUNN Oszillators mit Varactor und Mischdiode durch die Verfügbarkeit von fertigen GUNN-Plexer Modulen entfiel, stieg die Akzeptanz und das Interesse für das 3cm Band in Amateurkreisen schlagartig an. In den späten 70er und Anfang der 80er wurden viele Baubeschreibungen in DL, UK und USA veröffentlicht wobei sich das Hauptaugenmerk auf die ZF Schaltung, dem Modulator, der AFC und der Antenne richtete.

Die typischen Kenndaten einer 3cm GUNN-Plexer Station aus damaliger Zeit waren:

Frequenzbereich: 10.000 bis 10.500MHz Ausgangsleistung: 10 bis 20mWatt (+10 bis +13dbm) Frequenzhub: 250KHz RX Rauschzahl: 12db ZF Frequenz: 30MHz (fester Duplexabstand) ZF Bandbreite: 500KHz RX Sensitivity: 1microVolt (-107dbm) für 12db SINAD Antennengewinn: 17db Horn

Der „System gain“ einer solchen Einrichtung beträgt daher 10+107 = 117db. Das „Link Budget“ beträgt 2*17+10+107-12 = 139db. Zwei gleich ausgestattete Stationen konnten somit bei ca. 12db Signal-Rauschabstand (S/N) eine Funkstrecke von 50km überbrücken. Voraussetzung ist natürlich ein „line of sight“ Pfad (LOS), erweitert um eine freie Fresnelzone.

Es dauerte nicht lange bis die Rechteck–Hornantennen durch Parabolantennen ersetzt wurden. Diese erreichten bei ca. 48cm Durchmesser (Procom) einen Gewinn von 30db das bedeutet gegenüber der Hornantenne eine Steigerung der Strahlungsleistung (ERP) von mehr als das dem 20fachen. (+13db) Allerdings kam nun ein weiterer Aspekt hinzu, die Erhöhung der Strahlungsleistung wurde mit einem kleineren Öffnungswinkel der Antenne (im Azimut als auch in der Elevation) erkauft. Hatte das 17db Horn noch einen 3db Öffnungswinkel von ± 22°, so verengte sich der 3db Öffnungswinkel beim 48cm Parabol im 3cm Band auf ± 4,8°. Damit wurde die Antennenausrichtung zur Gegenstation eine weitere Herausforderung an die Operatoren und ist es bis heute auch geblieben.

Das „Link Budget“ wird jedoch bei beidseitiger Verwendung von 48cm Parabolantennen auf 2*30+10+107-12 = 165db gesteigert. Damit könnte eine Entfernung von etwa 700km überbrückt werden, allerdings ist diese Entfernung wegen der Erdkrümmung terrestrisch nicht möglich.

Der GUNN-Plexer MA-87127

Dieses Modul der Firma Microwave Associates Inc. war der Renner unter den kommerziell erhältlichen GUNN-Plexer. Das Modul wurde anschlussfertig und mit einem 17db Rechteckhorn geliefert, damit entfielen die Mechanischen und Messtechnischen Anforderungen und man konnte ohne spezielle Kenntnisse der Mikrowellentechnik auf dem 3cm Band QRV werden. Der Aufbau des MA 87127 bestand aus einem Hohlleiterresonator mit den Innenmaßen eines WR90 Hohlleiters, dem eingebauten GUNN Element, einer mechanischen Grob-Frequenzeinstellung (Schraube), einem Zirkulator zur Entkopplung des Sende und Empfangspfades, einer Mischdiode und einer Varaktordiode welche für die Frequenz-Feinabstimmung und für die Modulation verwendet wurde.

Blockschaltbild MA 87127

Blockschatbild transceiver

Als ZF Frequenznorm hat sich nach langen Hin und Her eine ZF-Frequenz von 30 MHz durchgesetzt. Der Frequenzhub wurde auf 75 bis 100KHz Spitzenhub zurückgenommen, damit konnte im Empfänger eine 2.te ZF von 10,7MHz mit „schmalen“ Keramikfilter aus UKW Rundfunkgeräten, eingesetzt werden.

Bild: 30 MHz Nachsetzer

Nachteilig war, dass diese Systeme nur FM moduliert werden konnten und Schmalbandbetrieb auf Grund der auf 10 GHz Freischwingenden Oszillatoren nicht möglich war. Der MA 87127 war mit einer relativen Frequenzstabilität von 3,5 * 10¯5 /°C angegeben. Das bedeutet in der Praxis eine Frequenzdrift von ca. 350 KHz für eine Temperaturänderung um 1°C. Eine AFC war daher unumgänglich. Löste die AFC das Problem der Frequenzdrift war es jedoch noch immer mühsam die Gegenstation überhaupt zu finden. Man überlegte diverse Konzepte um die freilaufenden GUNN Oszillatoren an eine Referenz anzubinden. In DL wurden Anbindungen von 3cm Frequenzbaken an die DCF77 Referenzfrequenz durchgeführt.

Bild 10 GHz Bake

Die nächste Generation

Anfangs der 80 Jahre stellte OM Claus Neie, DL7QY im Dubus Magazin einen Selbstbau Schmalband Transverter für das 3cm Band vor. Dieser Transverter war in der Herstellung zwar noch eine technische Herausforderung, konnte jedoch einem 2m Allmode Funkgerät (IC202, FT290) vorgeschaltet werden und erlaubte SSB/CW/NBFM Betrieb im 3cm Band. Als Endstufe wurde eine Wanderfeldröhre verwendet. Sämtliche anderen Funktionsstufen waren mit Transistoren bestückt. Weitere Transverter wurden durch Funkamateure und von Firmen (SSB-Electronic, Kuhne electronic, G3WDG, DEMI, etc.) in DL, UK und in den USA entwickelt und in diversen Radio Magazine (Dubus, UKW-Berichte, QST, etc.) vorgestellt. Diese Konzepte läuteten das Ende der GUNN-Plexer Ära ein.

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