CW-Geschichte


Morsen in der Geschichte des Amateurfunks

Die Telegrafie, hier betrachtet als Tastfunk (CW), war in den Anfangszeiten des Amateurfunks die einzige Betriebsart. Sie ist bis heute die prägende Betriebsart des Amateurfunks geblieben, denn die „Amateursprache“, die Abkürzungen und Redewendungen, die auch heute von allen Funkamateuren gebraucht werden, gleich wie sich diese im Tastfunk oder anderen Betriebsarten treffen, sind auf ihre Anfänge zurückzuführen.

Um diese Umstände ausführlich zu erklären, sollte ein eigenes geschichtliches Werk geschrieben werden. Doch soll jedem Amateur, der an CW interessiert ist, ein Überblick der Entwicklung geboten werden.

Es bleibt nicht aus, auch einige Worte über die ganze Entwicklung der „Funkentelegraphie“ zu sagen, wobei man mit einem gewissen Recht durchaus behaupten kann, dass die Begründer „Amateure“ waren, die sich vor der kommerziellen Nutzung aus ideellen Gründen mit der Materie beschäftigten.

Der amerikanische Maler Samuel Finley Breeze Morse schuf um 1839 den nach ihm benannten Code und eröffnete mit der Übermittlung des Bibelspruches „What God hath wrought“ die Ära der Telegrafie, die sich bis heute in der Abwicklung kommerzieller Funksprüche, aber auch zahlloser Funkamateurverbindungen fortsetzt. Naturgemäß waren Jahrzehnte danach vom drahtgebundenen Verkehr bestimmt. Nachdem jedoch Pioniere der drahtlosen Verbindung ihre Arbeiten präsentierten – Heinrich Hertz, Reuleaux, Alexander S. Popov, Braun, Édouard Branly, Augusto Righi, Nikola Tesla und Guglielmo Marconi – wurde auch drahtloser Funkverkehr ab 1896/1897 schrittweise verwirklicht. Am 12. Dezember 1901 konnten Guglielmo Marconi und sein Assistent George S. Kemp zum ersten Mal den Atlantik drahtlos überbrücken. Die Technik dieser Jahre bestand aus Knallfunkensendern. Es gab eine Reihe verschiedener Systeme. Die Empfänger waren ausnahmslos Detektorempfänger, also einfache Gleichrichter, die einen magnetischen Detektor verwendeten. Später wurden Halbleiterdemodulatoren in Form von Kristallen verwendet, die bis in die Zeiten der Rundfunktechnik ihren Platz hatten. Die ausgesendeten Signale können im wesentliche als „knallharte Schwingungsstöße“ bezeichnet werden, welche amplitudenmoduliert waren. Sie konnten durch solche Detektorempfänger verarbeitet werden. Um die Zeit des 10jährigen Jubiläums der drahtlosen Verbindungen, das weltweite Beachtung und Anerkennung fand, begannen technisch interessierte Amateure mit ihren ersten Versuchen.

In diesen Zeitraum fällt auch die Erfindung der Audionröhre durch Lee de Forest im Jahre 1909. Die Anwendung der Röhre, ihre stetige Verbesserung im Laufe der Jahrzehnte brachte die Voraussetzung der weiten Verbreitung des Funkwesens, des Rundfunks, der Elektronik und des Amateurfunks. Parallel dazu hatten maschinelle HF-Erzeuger, Generatoren ähnlich jenen, die Kraftstrom produzieren, besonders im langwelligen Bereich eine Bedeutung für den kommerziellen Funk, wurden jedoch später von Röhrensendern abgelöst.

Die Amateure, damals eigentlich nur Bastler, erweiterten ihre Tätigkeit besonders in den USA und so entstanden, da die Bewegung größer wurde, ab 1911 zahlreiche Vereinigungen. Im Jahre 1914 wurde auch der Radio Club of Hartford im Bundesstaat Connecticut gegründet. Sein Gründer und Leiter war Hiram Percy Maxim, ein allseitig technisch interessierter Mann mit gesicherter Existenz (Sohn des Erfinders des Maschinengewehrs, Sir Percy Maxim), der „Vater“ des Amateurfunks. Er gründete auf dem genannten lokalen Club aufbauend im Jahre 1914 die American Radio Relay League, die erste große Amateurfunkorganisation der Welt und Dachorganisation aller US-Amateur-Funkclubs und Mitbegründer der IARU, der Internationalen Amateur Radio Union.

Vor dem Ausbruch des ersten Weltkriegs waren bereits viele inneramerikanische Verbindungen zustande gekommen. Es gab bereits eine Reihe funktionierender Amateurfunknetze („from the Rockies to the Ohio“). Ausnahmslos wurden alle Verbindungen in Telegrafie, also Tastfunk, bestritten.

Rufzeichen wurden von den Clubs, später von der ARRL vergeben und bestanden aus einer Zahl und zwei bis drei Buchstaben (1AW, 1XAM). Das erste Callbook erschien 1914 und nannte bereits 500 Mitglieder der ARRL.

Zum Abwickeln des Funkverkehrs wurden Wellenlängen um 200m verwendet. Ab 1915 wurde die „QST“ herausgegeben. Begründer waren H.P. Maxim und Clarence D. Tuska.

In den Anfängen des drahtgebundenen und später auch im drahtlosen Tastfunkverkehr wurden verschiedene Codes gebraucht, entweder das eigentliche Morsealphabet oder ähnliche Codes. Das bedeutendste wurde ab 1852 in Preußen verwendet. Bedeutend deshalb, weil das jetzige „Morsealphabet“ diesem weitaus ähnlicher ist als dem ursprünglichen Morsecode. Zunächst entstand aus dem preußischen Code der in Europa übliche, der aus den Vorbildner des österreichischen und preußischen Telegrafenalphabets gebildet wurde und im Laufe der Zeit von den meisten europäischen Ländern eingeführt wurde. 1912 wurde die Bezeichnung „Internationaler Code“ eingeführt; die Amerikaer nannten und nennen ihn, da er aus Europa kommt, „the Continental Code“. Dieses reformierte, vereinheitlichte Werk kennen, schätzen und gebrauchen wir bis heute als „Morsealphabet“. Ebenfalls 1912 wurden die ersten Gruppen des Q-Schlüssels durch den Londoner Vertrag festgeschrieben, um eine internationale Verständigung zu ermöglichen. Die meisten davon sind völlig in den Sprachgebrauch der Funkamateure eingegangen, z.B. QRN, QRM, QRK, QSY und QRV. Auch das Kürzel QSO war in seiner international für den Funkverkehr festgelegten Form dabei. Es hat allerdings im Gebrauch der Funkamateure, wie auch eine Reihe anderer Kürzel, eine gewisse Sinnverschiebung erfahren. Aus noch älteren Zeiten, nämlich dem Zeitalter der drahtgebundenen Telegrafie, stammen Abkürzungen wie 73 und auch das Wort „Ham“. Für dieses Wort werden immer neue, teilweise recht schmeichelhafte Deutungen angeboten. Am wahrscheinlichsten ist eine weniger positive Deutung, nämlich die, dass das Wort recht negativ die „Amateure“ im Gegensatz zu den (ihrer Meinung nach) „vollendeten Profis“ als Ham bezeichnete! Unser bekanntes CQ wurde auch 1912 einheitlich eingeführt, früher verwendete man andere Kürzel wie QNC, QST, manche Stationen auch KA.

Der Ausbruch des Weltkrieges bzw. der Eintritt der USA an der Seite der Entente in den Krieg gegen die Mittelmächte brachte ein Erliegen, ja ein Verbot des Amateurfunks. Selbst nach Kriegsende dauerte es einige Zeit, bis Oktober 1919. Dann kam es zu einer Freigabe des Amateurfunkbetriebes. Die Zahl der ARRL-Mitglieder wurde größer.

Der Betrieb blieb auf wenige Versuche in den frühen 20er Jahren auf Telegrafie beschränkt. Auch in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg waren die meisten Stationen mit Funkensender ausgestattet („spark“). In die Empfänger kamen allmählich Röhren. Die Einführung der Rückkoppelung in einfachen Audionempfängern brachte die Entwicklung weit voran. Das Rückkopplungsaudion ergab eine Empfindlichkeit, die andere Arten von Empfängern noch sehr lange Zeit nicht erreichten. Auch die Nahselektion war ganz brauchbar. Technisch betrachtet ist ein rückgekoppeltes Audion ein selbstschwingender Direktmischer, ein Empfangskonzept also, das in den Zeiten der Halbleitertechnik für einfache Empfänger eine Wiedererweckung erlebte. Das Audion hatte auch den Vorteil, dass es nicht nur die knatternden Signale der Funkensender, sondern auch die getasteten Träger der Röhrensender hörbar machte.

In dieser Zeit wurde der Begriff CW eingeführt, als „continuous wave“, im Gegensatz zu den Funkensendern „spark“ wurden die Signale der Röhrensender als CW bezeichnet. Der Grund liegt darin, dass die ersteren gedämpften Wellen erzeugten, also Wellen, die in der Amplitude innerhalb eines Schwingungsvorganges abnahmen. Die Röhrensender jedoch erzeugten ungedämpfte Wellen, mit einer über die ganze Zeit des Schwingens konstanten Amplitude. Diese Signale wurden nur durch die Tastung unterbrochen und wiesen dieses Merkmal auf, von eventuellen Ein- oder Ausschwingvorgängen abgesehen.

Nach dem ersten Weltkrieg haben wir auch Kunde von den Anfängen des Amateurfunks in Deutschland. Es wurde, obwohl dies bei uns nicht nur nicht geduldet, wie mancherorts, sondern strengstens verboten war, gebastelt, gebaut und auch gefunkt. Nachdem der deutsche Amateurfunk, wie auch jener in Europa, nach dem Kriege begonnen hatte, waren die technischen Voraussetzungen etwas besser. Man begann gleich mit Röhren.

Natürlich fand der ganze Funkverkehr in CW statt. Nicht nur Sender, Empfänger und deren Teile, auch Tasten wurden selbst gemacht. Die Konstruktionen der Geräte waren so fortschrittlich, dass man es den Bildern der Stationen MARS und UHU gar nicht ansieht, dass sie aus dem Jahr 1924 stammen. So mancher OM hat 25 Jahre später mit einem ähnlichen „Bauwerk“ seine Tätigkeit nach dem zweiten Weltkrieg aufgenommen! Es ist nicht möglich, alle Namen zu nennen. Bekannt blieben Slawyk (später DL1XF) und Richard Dargatz (später DL1XA). Daneben Namen wir Horkheimer, Schmid (MARS), Klotz (UHU), Illing, Wigand und andere mehr. Die Rufzeichen waren zunächst selbstgewählt, wie man oben lesen kann. Manche verwendeten ähnliche Rufzeichen wie in Amerika. Z.B. KW2 war OM Gramich, später dann unter dem Rufzeichen K4UAH tätig.

International tat sich inzwischen so manches Große. Man hatte seit 1921 Versuche unternommen, mit Mitteln der Funkamateure auf Wellenlängen um 200m den Atlantik zu überbrücken, was man zunächst als Hörexperiementierreihe startete. Paul Godley, der zusammen mit einigen anderen OM einen vorzüglichen Empfänger zur Verfügung hatte, wurde 1921 nach Europa geschickt, genauer gesagt, nach Großbritannien, und es gelang ihm in mühevollen Nachthörperioden 30 US-Stationen zu hören (dieser OM wurde nach seinem Empfänger „Paragon Paul“ genannt). Der nächste transatlantische Test wurde 1922 gemacht und europäische Funkamateure konnten 315 amerikanische Stationen hören. Auch umgekehrt konnten in den USA ein Franzose und zwei Engländer gehört werden. Der Durchbruch war in greifbare Nähe gerückt! Technisch ergab sich, dass lediglich die Stationen, die mit CW, hier auch noch als Betrieb der Telegrafie mit einem Röhrensender zu verstehen, arbeiteten, auch wirklich zu hören waren. Die Stationen mit Funkensendern brachten schlechtere Ergebnisse. Neben dem Auftreten von Störungen war dies auch ein Grund für ihr allmähliches Aussterben. Man verlegte sich auf etwas kürzere Wellen in den Bereich um 100 bis 130 Meter. Versuche zwischen Boston und Hartford waren sehr ermutigend. Schließlich kam im November 1923 der große Durchbruch. Nach vorheriger Absprache (sked) und einigen Vorversuchen kam es zwischen dem Franzosen Leon Deloy, 8AB und der Station der ARRL in West Hartford, besetzt durch den OM Schnell, 1MO und Reinartz, 1XAM zu einem QSO! Die Morsezeichen von Amateuren, überquerten in beiden Richtungen den großen „Teich“. Laut und vernehmlich konnte man 8AB bestens hören. Man antwortete. Auf beiden Seiten war Lautsprecherempfang möglich. Die Wellenlänge war 110m, die Geräte auf der Höhe der damaligen Zeit. Die Antennen, besonders bei OM Deloy, waren imposant.

Naturgemäß war der Tastfunkbetrieb eine der Voraussetzungen solcher und anderer Erfolge. Keine andere Betriebsart hätte mit technisch wenig vollkommenen Geräten, ja mit bescheidensten Mitteln, eine Übermittlung von Nachrichten auf weite Entfernung relativ störfrei ermöglicht. Das ist der Grund, warum CW über Jahre, ja Jahrzehnte, die dominierende Betriebsart blieb.

In den 20er und später in den 30er Jahren setzten sich die Erfolge fort. 1925 wurde in Paris die IARU gegründet. Es gab eine Reihe von Konferenzen, die zwar einerseits den Frequenzraum für Amateurfunk einengten, andererseits durch die Konzentration in schmalen Bändern ein leichteres „ sich finden „ ermöglichten, um den Preis steigender Störungen, die natürlich durch die ständig wachsende Gemeinde der „Hams“ auch in steigendem Maße produziert wurden. Das aber zwang die Technik, zumindest in Europa ohne jeden kommerziellen „Push“, zu dauernden Verbesserungen und Neuentwicklungen, die alle von bauenden Funkamateuren erarbeitet wurden!

Auf der Senderseite benutzte man zunächst nur einfache Oszillatorstufen, die an die Antenne gekoppelt wurden. Besonders beliebt war die „Hartley“-Schaltung, ein sogenannter „ Dreipunktoszillator“, oft mit kapazitiver Kopplung an die Antenne. Später wurden Gegentaktoszillatoren verwendet (Push-pull, später mit Pentoden auch sogenannten ECO-Push-push). Man trennte dann die Antenne vom Oszillator durch eine oder mehrere Stufen, was auch Vervielfachung der Frequenz sowie bessere Stabilität und Leistungsverstärkung mit sich brachte. Für manche Antennen entwarf man Abstimmgeräte (für Zeppelin-Antennen oder „Fuchskreis“ für Langdrahtantennen usw.) Das Bestreben eines jeden telegrafierenden Funkers war ein guter Ton, ein stabiler Sender. Die Empfänger waren bis in die späten 30er Jahre, teilweise noch Audion-Empfänger (z.B. der DASD-Standard-Empfänger, ein 0-V-1), manchmal mit einer oder mehreren HF-Stufen vor dem Demodulator und mit mindestens einer NF-Stufe, bei Lautsprecherempfang, auch zwei Stufen. So entstanden auch die Bezeichnungen 1-V-1, 1-V-2. Der bekannte, nach dem zweiten Weltkrieg in Amateurkreisen beliebte TornEb, mit zwei HF-Stufen, der Audionstufe und einer NF-Stufe, war ein 2-V-1.

Allmählich kamen dann im Verlauf der 30er Jahre auch Überlagerungsempfänger (Superheterodyne, Superhet, Super) in Amateurkreisen auf, die jedoch nur in den USA größere Verbreitung fanden, zumindest diejenigen kommerzieller Herkunft. Bis auf Ausnahmen waren in Europa die allermeisten Funkamateure Selbstbauer, sowohl der Sender als auch der Empfänger.

Doch die Technik der Überlagerungsempfänger brachte erheblich Vorteilte. Sie waren zwar in den ersten Zeiten nicht empfindlicher als die Audionempfänger, jedoch stabiler und nach Einführung von Rückkoppelungen in der ZF-Stufe, bzw. nach der Einführung der Quarzfilter, bei denen teilweise auch eine Bandbreitenregelung vorhanden war, konnte erstmalig der Einzeichenempfang ermöglicht werden. Für Tastfunk eine enorme Verbesserung, die schlagartig die Störungen (fast) auf die Hälfte reduzierte. Für Telefonie war das Quarzfilter damals nicht so bedeutend.

Trotz einer gewissen Reduzierung der Störungen waren die Filterkurven für AM (SSB war unbekannt) wenig brauchbar. Die damaligen Quarzfilter (das typische war im HRO-Empfänger von National enthalten) hatten sehr schmale und spitze Durchlasskurven, jedoch mit schlechter Flankensteilheit und unsymmetrischem Verlauf. Die blieb bis in die späten 40er Jahre so, bis auf wenige Ausnahmen: z.B, das sogenannte „Telefunkenfilter“ im MWEc und anderen Wehrmachtsempfängern, und das erste mit zwei Quarzen bestückte Brückenfilter („half lattice“) im britischen Eddystone 358X.

Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden lange Zeit für die Sender Quarze als frequenzbestimmende Elemente verwendet. Ein weiteres Problem war die Tastung. Sie sollte genügend hart sein, um anlaufende, hupende Zeichen zu vermeiden („chirp“). Andererseits sollte das Störspektrum nicht zu breit sein, obwohl man eine harte Tastung wünschte, die Störimpulse („clicks“) leicht entstehen ließ. Mit den damals relativ hohen Tastspannungen und Strömen, mit mühevoll stabilisierten, teilweise auch getasteten Oszillatoren war dies ein gewaltiges Problem! Quarzoszillatoren hatten den Vorteil, da sie gut „ansprangen“ und ohne nennenswerte Einbuße an Stabilität und Tonqualität tastbar waren.

Im Bereich der Tasten gab es auch Fortschritte. Man verließ die ziemlich plumpen, wenn auch haltbaren alten Post- und Bahntasten und wandte sich moderneren Formen zu, was nicht nur in den weitaus eleganteren, zierlichen Formen der Morsetasten für drahtlosen Funkbetrieb, sondern auch in den variierenden Knopfformen Ausdruck fand. Bis heute liebt jeder „seine“ Form! Selbstbau war oft aus finanziellen Gründen notwendig, kommerzielle Modelle waren da und dort zu haben. Wabbler, zweiseitige, in horizontaler Richtung bewegte Tasten feierten fröhliche Urständ und hatten eine beschleunigte Gebeweise zur Folge. Leider gelang es nicht jedem OM, gut damit zu geben! In den USA wurde der „Bug“ entwickelt, eine halbautomatische Taste mit schwingendem, gefedertem Punktgeber – Punkte automatisch, Striche von Hand – und der Name „Vibroplex“ ist bis heute ein Begriff, zumal der große Schnelltelegrafie-Champion Ted McElroy, ein Schiffsfunker von Beruf, für das Produkt warb. Sie war eine ausgezeichnete Verbesserung für den damaligen Stand und ist heute noch brauchbar, obwohl in den Zeiten präzise elektronisch hergestellter Punkte und Striche der charakteristische „vibrierende“ Modus dieser Taste nur zu leicht erkennbar ist. Doch ermöglichte dieser „Bug“ erstmals recht mühelos QRQ mit einem Tempo weit über demjenigen, das mit Handtasten zu erreichen war.

Freilich erschienen in den 30er Jahren auch Stationen in Telefonie (AM), doch außerhalb der USA recht dünn gesät. Teilweise deshalb, weil es die Lizenzbestimmungen nicht erlaubten, teilweise weil der Aufwand aus finanziellen Gründen nicht tragbar war. Relativ billige Gittermodulationen brachten schlechte Wirkungsgrade, Anodenmodulation war teuer. Der Modulator musste annähernd die gleiche Leistung aufbringen wie die Senderendstufe an HF-Leistung produzierte

Schon in den 20er Jahren, aber erst recht in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg, gab es sehr erfolgreiche Funkamateure. Die Diplome WAC,WAZ, DXCC wurden vergeben, große Conteste veranstaltet. Von den Bändern 80m, 40m und 20m wandte man sich auch dem 10-m-Band zu, das besonders bei kleinen Leistungen und günstigen Ausbreitungsbedingungen gute DX-Verbindungen erlaubte. Man schuf dafür z.B. das WAC-TEN-Diplom. Von Seiten der Europäer wurden diese Erfolge praktisch nur in CW, also mit der Taste, errungen.

Bevor die „Lichter ausgingen“ und der Zweite Weltkrieg begann, war die Situation im Überblick etwa so: in den meisten Ländern der Welt gab es Funkamateure mit Lizenzen. Teilweise berechtigten diese jedoch nur zum CW-Betrieb, Telefonie (AM) hatte auch die Zeit ihrer großen Erfolge, die jedoch hinter dem, was in Telegrafie erreicht werden konnte, noch weit zurückstanden.

Obwohl es schon eine Reihe Überlagerungsempfänger sowohl kommerzieller als auch selbstgebauter Herkunft gab, war der Geradeaus-(Audion- Empfänger noch weit verbreitet.

Bei Sendern gab es vielfach schon mehrstufige Geräte, teilweise mit Quarzsteuerung, viele aber auch mit Oszillatoren des ECO-Typs (electron coupled oscillator), die sich besonders für die höherfrequenten Bänder 20m und 10m mit einer Reihe von Frequenzverdopplern realisieren ließen. Für CW-Zwecke wurden Anoden-, Schirmgitter- und Kathodentastung angewandt, seltener Steuergittersperrspannungstastung.

Die Antennen waren überwiegend Drahtantennen, meist endgespeist (L-Antenne, Fuchs-Antenne, Zeppelin-Antenne), aber auch schon Dipole mit offener Speiseleitung, ggf. mit Deltaanpassung, Koaxialkabel gab es nicht. Natürlich waren wie zu jener Zeit, mancher OM dem „Mittelfeld“ voraus. Dies ist und war einmal eine Frage der Fähigkeiten und des Wissens, aber auch eine Frage finanzieller Art.

Der zweite Weltkrieg brachte den Amateurfunk praktisch zum Erliegen, zumindest in Europa; in Übersee erst im Verlauf des Krieges. Eine Ausnahme waren in Deutschland die „Kriegsfunklizenzen“, die eine Art von Amateurfunk ermöglichten, der in CW abgewickelt wurde. Es kam sogar zu Kontakten mit englischen Stationen (!), die allerdings kaum „echte“ Amateurstationen gewesen sein dürften.

Als der schreckliche Krieg zu Ende war, finden auch Funkamateure langsam an, ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen. Manches war zerstört, vor allem hatten auch die menschlichen Bindungen gelitten. Auch in der Technik hatte es große Veränderungen gegeben.

Es kam eine wahre Flut von sogenannten „Surplus-Geräten“ aus den Beständen der Wehrmacht zum Vorschein, mehr aber noch aus den Beständen der amerikanischen Streitkräfte. Es handelte sich teilweise um recht brauchbare Geräte, die entweder im Urzustand oder durch mehr oder weniger Aufwand beim Umbau für Amateurzwecke verwendet wurden. Besonders galt dies für den Empfänger, in einem kleineren Umfang auch für Sender. Die Empfänger bleiben über viele Jahre die Ausrüstung unserer Stationen. Teilweise durch vorhandene Quarzfilter, „Tonsiebe“ usw. waren sie zumindest für CW und die Ansprüche der 50er Jahre hervorragend geeignet.

Die Sender, die so mancher auch für Telefoniezwecke durch den Zubau eines Modulators verbesserte, erwiesen sich für AM-Telefonie als recht brauchbar. Für CW stellte sich bei vielen heraus, dass zumindest die Tastung selten optimal war, so dass manche „Clicks“ auch beträchtlichen Ärger bei Nachbarn verursachten, zumal ja noch viele Rundfunkhörer überwiegend AM-Rundfunk auf MW und LW empfingen.

Überreichlich flossen auch Impulse aus dem Ausland in Form technischer Zeitschriften und Handbücher. Die DARC-Zeitschriften waren voller neuer Ideen. Selbstbau immer besserer, aufwendigerer Sender und Empfänger wurde beschrieben. Schmale Bandbreiten und hohe Empfindlichkeit empfängerseitig, senderseitig hervorragender Ton, hohe Stabilität und störfreie Tastung und BK-Eignung waren die angestrebten und auch erreichten Ziele. Verschiedene Bausätze erleichterten den Bau von Geräten. Aus den USA und Italien kamen Fertiggeräte aus neuer Produktion. Sie waren auch für den CW-Funker sehr brauchbar.

Im Jahre 1951 wurde ein Markstein für die Tastfunker gesetzt. Es entstand der HSC, der High Speed Club ( www.hsc.de.cx ) , gegründet in der Bundesrepublik Deutschland. Unvergessen bleibt sein langjähriger Präsident, DL1XA, Dick Dargatz.

Natürlich hat die Ausbreitung des SSB-Betriebes in den 60er Jahren ein gewisses Nachlassen der Tätigkeit im Tastfunk gebracht. Andererseits hat das Aufkommen der Halbleitertechnik, z.B. der Entwicklung elektronischer Morsetasten, sehr viel Auftrieb gegeben. Elektronische Morsetasten die in den Anfängen mit Thyratrons, (also mit Röhren) gebaut wurden, waren in brauchbarer Größe und mit tragbaren Aufwand kaum zu realisieren. Die Halbleitertechnik erst machte es möglich, elektronische Morsetasten zu bauen, die praktisch allen Anforderungen genügten.

In den 70er Jahren gab dann diese Halbleitertechnik neue Impulse für den Selbstbau, vornehmlich auf dem Gebiet der Sender und Empfänger für kleine Leistungen, tragbarer oder transportabler Geräte (QRP), die hauptsächlich im CW-Betrieb ihre Verwendung fanden.

Da sich, infolge der Vorzüge der Sendeart SSB gegenüber der bisher üblichen AM, ein nachlassendes Interesse an der Betriebsart CW (A1A) in den frühen 70er Jahren bemerkbar machte, wurden zum Beleben des Interesses, zur Hinwendung zur Morsetelegrafie und Veranstaltung von Wettbewerben, nicht zuletzt aber auch zur Vertretung der Funkamateure, die besonderes Interesse an der „Grundbetriebsart“ haben, die AGCW-DL e.V. ( www.agcw.org )und später der DTC e.V./DL-CW-C, gegründet. Die Präambel ihrer Satzungen beschreiben auch, was die Morsetelegrafie im Amateurfunk ausmacht:

„Telegrafie (kurz CW) im Sinne dieser Arbeitsgemeinschaft ist Tastfunk, also Funkverkehr im Morsecode, wobei Codierung und Decodierung nicht maschinell, sondenr unmittelbar durch den Operator erfolgt, wozu die aktive Kenntnis des Morse –Codes eine unabdingbare Vorrausetzung ist“. (Autor: DL7DO)

Im Laufe der Zeit entwickelte sich die AGCW-DL zur größten Telegrafie Vereinigung Europas und ist Mitglied der von ihr mitbegründeten EUCW, der Europäischen Union CW.

Nach der Ausrichtung der Industriegeräte auf fast ausschließlich SSB-Betrieb begann auch in den späten 70er Jahren ein Umdenken. Transceiver wurden präsentiert, die sich für Tastfunkbetrieb hervorragend eigneten mit schmalbandigen Filtern im ZF- und NF-Teil, mit ausgezeichneten Tasteigenschaften und teilweise mit Voll-BK-(QSK)Betriebsmöglichkeit, zumindest aber mit dem sogenannten „Semi-break.in“, also autmatischer Sende-Empfangsumschaltung.

Zu Beginn der 80er Jahre stellte sich eine Reihe von Aufgaben im Bereich des Tastfunks. Es war dies einmal das Erhalten der Fähigkeiten unserer Funkamateure, gut die Tasten handhaben zu können, die „Sprache des Tastfunkers“, jenen Schatz von Abkürzungen aller Art so zu beherrschen, dass CW zu einem echten Dialog führen kann. Das Interesse mancher Amateure an überwiegender Technisierung ihrer Stationen dergestalt, dass nur Morsezeichen als Kommunikationsmittel verwendet werden, im übrigen die Station eigentlich eine Art Fernschreiben und Fernlesen betreibt, wird anerkannt, stellt jedoch eine neuartige Betriebsart dar. Es geht darum, in dieser Zeit alle jene „hand- oder fingerwerklichen“ Fähigkeiten zu erhalten und weiter auszubilden, die das bewährte und für den ganzen Amateurfunk wichtige Bild des CW-Operators, des Tastfunkers, des „Messingklopfers“ zeichnen.

Wie gesagt – es würde ganze Bücher brauchen, um alle Dinge im Amateurfunk, aber auch in der Entwicklung der Telegrafie, des CW, des „Codework“ im Laufe der Geschichte aufzuzeigen und verständlich zu machen. Hier wurde nur der Versuch unternommen, davon eine Skizze zu entwerfen. Technische, aber auch wirtschaftliche Entwicklungen trugen dazu bei, da sich die meisten kommerziellen Dienste zunehmend nicht mehr der handgetasteten Morsetelegrafie bedienen. Es ist aber wichtig, gerade deshalb die Morsetelegrafie im Amateurfunk zu pflegen, bei dem es nicht darauf ankommt, große Informationsmengen zu transportieren. CW erlaubt uns weite, ja weltweite Verbindungen mit einfachsten Mitteln, unter besonders schwierigen Umständen, mit relativ kleinen Leistungen. Dazu kommt, dass der Beherrschung einer „handwerklichen Kunst“, die es erfordert, lebendlang zu lernen und nach Perfektion zu trachten, eine wichtige Erfahrung ist, die dem gesamten Amateurfunk, wie keine andere Betriebsart, geeignet, den Charakter zu formen. Es ist die Notwendigkeit, sich ganz persönlich auf den Funkpartner einstellen zu müssen, die Fähigkeit und Toleranz, zuhören zu können; es ist die Gebeweise, die, ähnlich einer Handschrift, dem Telegrafisten feine Schlüsse auf den Charakter und die Stimmung seines Partners erlaubt; es ist der Zwang zu geeigneter Kurzfassung von Nachrichten, die dem Telegrafisten ein Gespür für das Wesentliche der Nachricht vermitteln. Deshalb:

Always good brass pounding – stets gutes „Messingkklopfen“!

Otto A. Wiesner DJ5QK, OE7OAW, OK8AGX ex OK1WF

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